Alle Klagen abgelehnt

Liebe Anwohner, Betroffene, Engagierte und Vertreter der 4. Gewalt,

vergangenen Dienstag, am 28.9.21 fand in Leipzig die Verhandlung von vier Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zum 1. Abschnit der Neubauplanung einer S4 statt. Die Klagen wurden in erster und letzter Instanz als Folge des Infrastrukturbeschleunigungsgesetzes vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt.

Die Verhandlungsführung erfolgte extrem voreingenommen. Alle Argumente der Kläger zur Aufklärung der fraglichen Sachverhalte, wie eine fehlende Prüfung einer Nullvariante, eine für den 1. Planfeststellungsabschnitt nicht aussagekräftige Eisenbahnwissenschaftliche Untersuchung (EBWU), die Einschränkung der Kapazität der  Strecke Hamburg-Lübeck durch den Fortfall des dritten Gleises zwischen der Horrner Kurve und dem Güterbahnhof Wandsbek, die ungleiche Verteilung der Güterzüge im Tagesverlauf und damit verbunden der Unzulässigkeit der Lärmberechnung, die Notwendigkeit zweier neuer Haltestellen ohne eine standardisierte Bewertung des Verkehrsaufkommens und der damit verbundenen Kosten und die Begrenzung der Eingriffe in das private Eigentum der Kläger wurden mit der Unterstellung einer fehlenden Kompetenz seitens der Kläger und ihrer Gutachter zurückgewiesen. Auf der Seite der Bahn wurden alle Vorträge unhinterfragt akzepiert selbst wenn keine Begründung vorgelegt wurde. Vielmehr wurden den Anwälten und Sachverständigen der Bahn sowie des Eisenbahnbundesamtes die „richtigen“ Antworten per Fragestellung schon vermittelt. Insgesamt wurde in Leipzig kurzer Prozess gemacht. Dies hatten so nicht einmal Vertreter der Bahn erwartet, wie in der Mittagspause zu hören war.

Während etwa für die Diskussion über die Ausgestaltung zweier Wendehämmer etwa eine Stunde zur Verfügung stand, wurde auf die Problematik des Lärmschutzes weniger als eine halbe Stunde „verschwendet“.

Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Aufgabe unseres Justizwesens die Befriedung von Konflikten und die Herstellung eines Rechtsfriedens ist. Wir wurden leider mit der Tatsache konfrontiert, dass durch die Tatsache der Verkürzung des Rechtsweges auf eine Instanz einer Willkürjustiz Tür und Tor geöffnet wird. Das Gericht hat sich mit der Art der Verhandlungsführung offensichtlich bemüht, die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vollumfänglich abzuweisen, an einer Ermittlung von Tatsachen und den Grundlagen der Planfeststellung bestand kein Interesse, da diese zu einer Aufhebung der Planfeststellung hätten führen können. Die Anwälte aller vier klagenden Parteien waren erschüttert.

Allerdings hätten wir gewarnt sein können. Das Tympanon am Haupteingang des ehemaligen Reichsgerichtes, erbaut 1895, zeigt keine Justizia mit Binde und Waage, vielmehr erscheint eine sehende Justizia mit dem Schwert und kämpft für, ja für was eigentlich?

Das Tympanon vom Bundesverwaltungsgericht

Das heute verkündete Urteil wird also einen Rechtsfrieden nicht herstellen, sondern im Gegenteil Wasser auf die Mühlen der Gegner unseres Rechtsstaates sein. Wir müssen nun der traurigen Tatsache ins Auge sehen, dass die schlechteste und teuerste Planung vollumfänglich umgesetzt werden wird. Für die mindestens 2 Mrd., die hier sinnlos ausgegeben werden, könnten alle Schäden an der Bahninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz beseitigt werden, aber Geld spielt ja keine Rolle.

Mit dieser erschütternden Erkenntnis haben wir so nicht gerechnet.

Arnold Harmsen
1. Vorsitzender Verein Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal

Nächste Mitgliederversammlung am 11. August

Nachdem die Coronainzidenzen deutlich gefallen sind, laden zum 11. August von 19:00 – 21:00 zu einer Mitgliederversammlung ein, natürlich unter Beibehaltung der Atemschutzmasken. Tagesordungspunkte werden sein:

  1. Bericht des Vorsitzenden mit Kassenbericht
  2. Aussprache
  3. Entlastung des Vorstandes
  4. Beschluss einer Sonderumlage zur Finanzierung des Klageverfahrens
  5. Sonstiges

Der Ort der Mitgliederversammlung ist wie gewohnt der große Saal des Gemeindehauses in der Schloßstraße 78.

Ich grüße alle recht herzlich und hoffe, dass wir uns im August gesund, zahlreich und engagiert treffen werden.

Arnold Harmsen
1. Vorsitzender Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal

Bau der S4 – Bahn erschleicht Genehmigung mit falschen Zahlen

Presseerklärung

Gegen das Vorhaben der S4 (Ost) bestehen massive Einwände, die sowohl die infrastrukturelle Auswirkung als auch das Kosten/Nutzen-Verhältnis des gesamten Vorhabens betreffen. Das Vorhaben wird absehbar mit Kosten von deutlich über 2 Mrd. Euro geplant. Der Bund ist bereit einen Kostenanteil von über 85% zu übernehmen.

Die infrastrukturelle Problematik betrifft die beabsichtigte Aufgabe des Güterzuggleises zwischen der Horner Kurve und dem Güterbahnhof Wandsbek (gemäß Planfeststellungsbeschluss). Durch diese Maßnahme wird die Kapazität der gesamten Fernbahnstrecke 1120 von Hamburg nach Lübeck, in Abhängigkeit von der Nutzung, um bis zu 50% verringert. Außerdem wird durch die Kapazitätsverringerung eine Verlagerung des Regionalverkehrs auf separate, neu zu bauende Gleise erzwungen. Bei einem Erhalt des Güterzuggleises bestünde keine Notwendigkeit, im Naturschutzgebiet Stellmoorer Tunneltal zusätzliche Gleise zu errichten.

Bei der Planeinreichung im Jahr 2016 wusste die Bahn bereits, dass der zukünftige Güterverkehr nicht auf 120 Züge täglich ansteigen würde, sondern auf maximal 56 Züge. Gemäß Großbauvorhaben Knoten Hamburg, nach dem die Genehmigung erfolgte, sind es sogar nur noch 52 Züge, eine überschaubare Steigerung gegenüber den derzeit rund 40 Güterzügen. Der geplante S-Bahnbetrieb könnte daher auf den vorhandenen Gleisen erfolgen.

Bei der Lärmberechnung wurde eine Gleichverteilung der 120 geplanten Güterzüge über den Tag angesetzt, obwohl schon derzeit, bei nur 40 Güterzügen, 68% der Züge in der Nacht verkehren. Die berechtigten diesbezüglichen Einwendungen bei der Planerörterung im Jahr 2018 wurden von Bahn und Eisenbahnbundesamt und die daraus resultierenden höheren nächtlichen Lärmbelastungen ignoriert.

Die geplanten neuen Haltestellen Claudiusstraße und Bovestraße sollen laut Aussage der Bahn 15.400 Fahrgäste generieren, statt der heute 1.300 Fahrgäste der Haltestelle Wandsbek. Eine grandiose Steigerung um den Faktor 11,9. Leider wurden bei dieser Berechnung die erreichbaren Anwohner (bei einer Fußwegentfernung von 720m) mit den tatsächlichen Fahrgästen verwechselt. Bei den 8.000 Busfahrgästen, die zukünftig diese Haltestellen nutzen sollen, handelt es sich um die Busfahrgäste, die auf den betroffenen Strecken am Wandsbeker Markt aus- bzw. einsteigen. Wie viele von diesen Fahrgästen überhaupt auf eine S4, die im 10/20-Minutentakt fährt, umsteigen, ist völlig ungewiss. Ein Umsteigen wäre aber ebenso an der bestehenden Haltestelle Wandsbek möglich.

Bei einem in Wandsbek zu erwartenden Einwohneranteil von 21%, der den ÖPNV nutzt, ergeben sich höchstens 625 zusätzliche Fahrgäste durch den beabsichtigten Neubau zweier Haltestellen und den Rückbau der bestehenden Haltestelle. Dafür (nach der Kostenschätzung von 2013) 10 Mio. Euro auszugeben erscheint völlig indiskutabel. Die Kosten hierfür werden, für beide Haltestellen vermutlich 50 Mio. Euro erreichen bzw. überschreiten (bei einer Vollkostenrechnung einschließlich Bau einer Hilfsbrücke, einer Ersatzbrücke, Straßenneubau der Bovestraße und An den Bahngärten, einer „weißen Wanne“ in der wegen Grundwasser tiefer zu legenden Bovestraße). Es werden somit Kosten von 80.000 Euro für jeden zusätzlichen Fahrgast generiert!

Die in der Presse immer wieder genannten 250.000 Einwohner, die zusätzlich an den ÖPNV angeschlossen werden sollen, erweisen sich als teurer Spuk.

Hamburg, 3.6.2021
Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal

Pressemitteilung zum offiziellen Baubeginn der S4 am 10.5.2021

Mit dem Bau der S4 (Ost) versucht die Bahn ein völlig überzogenes Nahverkehrsprojekt zu realisieren und verschwendet dabei Milliarden an Steuergeldern. Von ursprünglich 345 Mio. € sind die Kosten mittlerweile auf über 1,8 Mrd. € gestiegen und dabei wird es wegen fehlerhafter Planung nicht bleiben.

Mit dem Vorhaben soll der gesamte Güterverkehr von und nach Skandinavien mitten durch Hamburg geführt werden, welches dafür den Bau einer S4 finanziert bekommt. Die gesamte Planung basiert auf falschen Zahlen und Behauptungen. Dies ist der Bahn schon seit 2016 bekannt. Statt 120 Güterzügen täglich, wie 2010 angenommen, ist mit der Erstellung der EBWU (Eisenbahnwissenschaftliche Untersuchung) spätestens seit 2016 bekannt, dass höchstens 56 Güterzüge durch Hamburgs Osten rollen werden. In dem Vorhaben Knoten
Hamburg, auf dessen Grundlage die Genehmigung durch das EBA (Eisenbahnbundesamt) erfolgte, ist die Anzahl der Güterzüge sogar auf 52 täglich gesunken. Weiterhin behauptet die Bahn wider besseres Wissen, dass der Güterzugverkehr gleichmäßig über den Tag erfolgen wird. Schon heutzutage, bei 35 – 40 Güterzügen täglich, erfolgt aber 68% des Güterverkehrs auf dieser Strecke in der Nacht.

Die aktuell genehmigte Planung mit einem zweigleisigen Ausbau der Horner Kurve führt zu einer Kapazitätsminderung der Strecke Hamburg-Lübeck um 50%, da es zu Gleiskreuzungen kommt und entsprechende zeitliche Sicherheitsabstände erforderlich werden. Nur deswegen muss der Regional- und Nahverkehr auf eine gesonderte Gleise verlagert werden. Ohne diesen zweigleisigen Ausbau könnte der
gewünschte S-Bahnverkehr mit geringfügigen, kostengünstigen Erweiterungen auf der bestehenden Strecke erfolgen.

Für maximal 1.000 – 2.000 zusätzliche Fahrgäste sollen zwei neue Haltestellen (Claudiusstraße und Bovestraße) mit jeweils zwei Ausgängen errichtet sowie die behindertengerecht ausgebaute Haltestelle Wandsbek abgerissen werden. Demgegenüber ist der Bahn bei der S-Bahnhaltestelle Wandsbeker Chaussee mit 16.000 Fahrgästen täglich ein zweiter, einfach zu errichtender Zugang zur Pappelallee zu teuer!!!

Schon jetzt sind für dieses Vorhaben, dessen Fortsetzung in den Sternen steht – ein Termin für die Erörterung der Einwendungen zum 2. Planfeststellungsabschnitt ist noch nicht einmal abzusehen – mehr als 150 schützenswerte alte Bäume teilweise ohne Genehmigung gefällt worden, obwohl die mündliche Verhandlung der fünf anhängigen Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht im September stattfinden wird und die Urteilsverkündung im Oktober zu erwarten ist. Ziel der Bahn und des Senats der Stadt Hamburg scheint es zu sein, bis zur Gerichtsverhandlung möglichst viele Fakten zu schaffen und das Gericht damit zu nötigen, obwohl ein Fortsetzung bis Rahlstedt noch nicht einmal zu erkennen ist.

Das Vorgehen der Bahn und des Eisenbahnbundesamtes wirft in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Fragen auf.

  • Darf die Bahn, immerhin im vollständigen Besitz des Bundes, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen eine Genehmigung beantragen?
  • Darf das Eisenbahnbundesamt eine Genehmigung erteilen, obwohl wesentliche Unterlagen für die Entscheidung nicht vorgelegen haben?
  • Darf das Verkehrsministerium eine offensichtlich fehlerhafte Planung, welche eine Verringerung der Verkehrskapazität der Strecke Hamburg-Lübeck um 50% zur Folge hat, in den vorrangigen Bedarf erheben?
  • Darf der Verkehrsausschuss des Bundestages eine überteuerte und mangelhafte Planung genehmigen und finanzieren?
    Wir hoffen und erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht diese Mängel nicht absegnet sondern ein klares Signal auch für zukünftige Planungen setzt.

Hamburg, 6.5.2021
Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal

Illegale Baumfällungen der Bahn im Gehölz – Beweise

Wie bereits berichtet, hat die Deutsche Bahn im Wandsbeker Gehölz etliche Bäume gefällt, deren Fällung nicht durch den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes genehmigt war. Im Gegensatz, diese Bäume sollten explizit behalten bleiben.

Bei den Baumfällungen gab eine Fehlerrate von über 20%: die Bahn hat 22% mehr Bäume gefällt, als sie fällen durfte. Das ist kein inzidenteller Fehler.

Neben den neben den 27 Bäumen, die Sie laut Planfeststellung fällen durften, wurden 6-7 weitere Bäume gefällt, die explizit nicht gefällt werden durften und die Jahrzehnte bis über ein Jahrhundert alt waren. Die Bahn hat bei ihrer Arbeit also eine Fehlerrate von über 22%. Beachten Sie, dass wir in diesem Beitrag nur auf die Bäume achten, die mit einem Kreis in den Planfeststellungsunterlagen notiert wurden. Insgesamt sind mindestens 20 Bäume mit Stammdurchmessern über 25 cm gefällt worden, für die die erforderlichen Fällgenehmigungen durch den Bezirk Wandsbeck weder beantragt noch erteilt wurden.

Der Ausschnit aus den Planfeststellungsunterlagen oben zeigt, welche Bäume gefällt (gelb) und welche erhalten (grün) werden sollen. Die folgenden Bäume aus diesem Ausschnitt wurden illegal gefällt:

  • 123 (bei 122)
  • 176 (zwischen 123 und 124)
  • 136, 137 (bei 141)
  • 179 (beim Tunnel, unsicher)

Der Ausschnit aus den Planfeststellungsunterlagen oben befindet sich direkt östlich vom ersten Ausschnitt. Die folgenden Bäume aus diesem Ausschnitt wurden illegal gefällt: 151, 152 (rechts von 150)

Baumfällungen im Gehölz

Liebe Vereinsmitglieder, liebe Nachbarn, liebe Anlieger,

die meisten von ihnen haben vermutlich schon mitbekommen, dass die Deutsche Bahn in der vergangenen Woche in großem Umfang Bäume im Gehölz gefällt hat. Es bedrückt uns, dass wir den Sofortvollzug des Planfeststellungsbeschlusses beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nicht verhindern konnten.

Neben den genehmigten Fällungen hat die Bahn aber in großem Umfang illegale Fällungen von Bäumen mit einem Stammdurchmesser von über 25 cm im Gehölz und entlang der Strecke beauftragt und weitgehend durchführen lassen. Wir schätzen, dass dadurch rund 30 große Bäume dem Wüten der Bahn zum Opfer gefallen sind. Am vergangenen Freitag konnten wir mit einigen Anwohnern zusammen noch die Fällung einer 200-jährigen Eiche an der Robert-Schuman-Brücke mit massivem Widerstand verhindern.

Dies alles geschieht auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses, welcher unter Vorspiegelung falscher Tatsachen beim Eisenbahnbundesamt erwirkt wurde. Das Eisenbahnbundesamt wiederum hat, ohne Kenntnis der geänderten Voraussetzungen und ohne Vorliegen der Planungsgrundlagen, pflichtwidrig die Genehmigung erteilt. Dagegen klagen wir vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Entscheidung soll im Herbst fallen, die mündliche Verhandlung ist für den September anberaumt.

Ohne rot zu werden, verkündet der Presseprecher der Bahn wider besseres Wissen, dass alle Klage abgewiesen worden sind und führt die Presse und die Öffentlichkeit in die Irre. Das Hamburg Abendblatt hat einen informativen Bericht unter dem Titel „Gab es illegal Fällungen für den Bau der S 4?“ [kann hier aus urheberrechtliche Gründe leider nicht veröffentlicht werden]. Außerdem füge ich noch ein Video bei, welches unsere Trauer und Bedrückung deutlich werden lässt.

Trotz dieser enttäuschenden Erfahrung blicken wir mit Zuversicht in die Zukunft. Wir wollen in Leipzig das Schlimmste verhindern und auch für den weiteren Verlauf der Planung ein Umdenken hin zu einer umwelt- und menschenverträglichen Planung kämpfen. Dazu benötigen wir aber auch noch weitere finanzielle Unterstützung über die Mitgliedsbeiträge und zusätzliche Spenden. Im vergangenen Jahr überschritt das Spendenaufkommen über größere und kleinere Beiträge 10.000 €, wofür ich allen Spendern sehr herzlich danke.

Bleiben Sie gesund und unterstützen Sie uns bei unseren Bemühungen um eine nachhaltige Realisierung der geplanten S4.

Mit freundlichem Gruß

Arnold Harmsen
Vorsitzender Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal

Baumfällungen – Hamburg Journal

Liebe Betroffene,

die Deutsche Bahn hat in den vergangenen Tagen und Wochen umfangreiche und großflächige Fällungen entlang der Fernbahnstrecke 1120 und im Wandsbeker Gehölz vornehmen lassen. Dabei sind auch mindestens 20 Bäume mit Stammdurchmessern über 25 cm gefällt worden, für welche die Fällung nicht durch den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes gedeckt war. Die dafür nach dem Planfeststellungsbeschluss erforderlichen Fällgenehmigungen durch den Bezirk Wandsbeck sind weder beantragt noch erteilt worden. Am vergangenen Freitag konnte eine illegale Fällung einer 200 Jahre alten Stieleiche und einer Platane zunächst verhindert werden.


Im Hamburg Journal wird heute um 18:00 dazu ein kurzer Beitrag gesendet. Kommentare nimmt der NDR gerne unter https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/kontakt/index.html entgegen. Es ist vielleicht sinnvoll auch den Irrsinn der Planung der neuen Haltestellen Bovestraße, für die diese ganze Fällaktion im Gehölz vorgenommen worden ist, und der Haltestelle Claudiusstraße zu kommentieren. Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu den anstehenden fünf Klagen ist auf den September diesen Jahres terminiert.

Wir leisten weiter Widerstand und sind empört über das Vorgehen der Bahn.

Mit freundlichem Gruß

Arnold Harmsen

Weiterer Fortgang

Liebe Vereinsmitglieder, liebe Nachbarn, liebe Anlieger,

Die Bahn wirbt groß mit Plakaten „S4 kommt!“ Obwohl noch ein Urteil auf unsere Klage vor dem BVG in Leipzig aussteht, nehmen die Aktivitäten der Bahn stark zu: das sieht man z.B. am „Grünrückschnitt“ entlang der Bahntrasse und an den abgerissenen Schrebergärten an den Bahngärten, der Horner Kurve und im Gleisdreieck am Bahnhof Wandsbeker Chaussee. Mittlerweile beginnen auch die Fällarbeiten im Gehölz. Am Bauplatz neben dem neuen Trog im Verlauf der Hammer Straße werden offenbar bereits Fundamente für die neuen Brücken gegossen und in der Rantzaustrasse laufen Männer mit Schlips von Haus zu Haus, machen Fotos und stecken Post „per Boten“ in die Briefkästen.

Auf der Südseite der Trasse hat die Bahn, ohne die Rechtssicherheit durch das ausstehende Urteil aus Leipzig abzuwarten, mindestens drei Besitzeinweisungen beantragt. In der Rantzaustraße und auch in anderen Straßen wird das auf fast alle an die Bahn grenzenden Grundstücke zukommen. Als Grundlage für die Entschädigungen für die Anlieger, die Teile ihrer Grundstücke abgeben sollen hat die Bahn ein ihr gewogenes Institut Dr. Katja Frontzkowski beauftragt, den Wert für die Entschädigung der Flächen zu beurteilen. Das ist auch geschehen, jedoch meistens ohne die Grundstücke betreten zu haben, also „von außen“ und auf Grundlage der Flurkarten. Als Quadratmeterpreis hat das Institut nicht den Verkehrswert, sondern den Bodenrichtwert verwendet der ein Mittelwert aus Käufen der letzten fünf Jahre ist. Das stellt natürlich nicht die realen, in den letzten Jahren stark gestiegenen Grundstückspreise dar. Auch sind Bewuchs und Bebauung bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt.

Weitere Anträge auf Besitzeinweisung stehen bevor; vielleicht dauert dies noch ein paar Monate, vielleicht aber auch nur noch wenige Wochen. In dieser Situation sind wir als einzelne Verhandlungspartner der Bahn ziemlich schwach und könnten als Gruppe von betroffenen Anliegern unsere Interessen besser zur Geltung bringen, Baumaßnahmen in unseren Gärten durch Klagen verzögern und sicherlich auch höhere Entschädigungen erzielen und wenn wir das wollen.

Klagen gegen die Bescheide auf Besitzeinweisung sind in zwei Instanzen in Hamburg möglich. Ist zunächst noch ein einfacher Widerspruch gegen einen Bescheid auch ohne Anwalt denkbar ist für die beiden möglichen Instanzen vor Gericht anwaltliche Vertretung gefordert. Wir haben darüber mit unserem Anwalt Dr. Hopp gesprochen: er würde entsprechende Mandate übernehmen und uns vertreten. Die Kosten für eine Klage in zwei Instanzen betragen ca. 20.000 €. Damit nicht jeder Eigentümer so hohe Kosten aufbringen muss, erscheint ein organisiertes Vorgehen an dieser Stelle sinnvoll.

Wer von den Anliegern an der Bahntrasse Flächen an die Bahn verkaufen soll und Interesse daran hat seine/ihre Aktivitäten mit uns zu koordinieren, sollte uns unter über das Kontaktformular innerhalb der nächsten Woche benachrichtigen. Wir werden dann eine Videokonferenz organisieren und Vorschläge für das weitere Vorgehen machen.

Hamburg, den 21.1.2021
Für den Verein Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal
Arnold Harmsen, 1. Vorsitzender
Peter Heinzel, 2. Vorsitzender

Realität & Zukunft in der Claudiusstraße

Blick auf die Realität im Jahr 2020

Am Morgen des 2. Dezembers wurden rechts vom Bahnübergang Claudiusstraße eine Reihe von Bäumen gefällt. Diese Bäume, darunter eine wunderschöne, hohe Weide, standen dort seit vielen, vielen Jahren. Die Anwohner sind deswegen sehr traurig und werden sie vermissen. Wie gut, dass die Deutsche Bundesbahn die Fähigkeit hat, aus der Höhe ihrer Macht allen Anwohnern zum Trost einen Blick in die Zukunft zu gewähren…

Blick auf die Realität im Jahr 2020
© Hans Raible

Blick in die Zukunft des Jahres 2030?

…dieser Blick auf die Bahnstrecke an einem ebenso tristen Wintertag wie im Jahr 2020 beweist die wunderbare Kraft der Deutsche Bahn: Sie kann nicht nur Bäume fällen lassen, sie kann auch Bäumen, die früher viele  Jahre zum Wachsen in die Höhe gebraucht hätten, zu erstaunlichem Wachstum in ganz kurzer Zeit verhelfen. Oder ist das ein Blick in eine ziemlich ferne Zukunft? Vielleicht 2040? Oder doch eher 2050?

Blick in die Zukunft – Sicht auf die neue Fußgängerüberführung Claudiusstraße
© https://bauprojekte.deutschebahn.com/p/hamburg-bad-oldesloe

2. Eilantrag abgelehnt + Begründung

Am 12.11. erreichte uns die Nachricht, dass das Bundesverwaltungsgericht auch unseren 2. Eilantrag, ebenso wie vier andere Eilanträge zuvor, abgelehnt hat. Die Begründung finden Sie hier. Die Chancen die Bäume im Gehölz und entlang der Strecke zu retten derzeit nur noch sehr gering.

Zwar erfolgen die Baumaßnahmen der Bahn bis zu einer Entscheidung der Klage auf eigenes Risiko, aber das Bundesverwaltungsgericht hat offensichtlich keine Notwendigkeit einer umfassenden Güterabwägung gesehen. Dabei fallen der Naturschutz und der grundgesetzliche Schutz des privaten Eigentums unter den Tisch. Welcher Schaden dadurch entstehen kann, wurde jüngst an dem Mautdebakel von Herrn Scheuer offensichtlich.

Wir werden nun die Klagebegründung mit aller Intensität weiterverfolgen und versuchen uns auch Unterstützung durch das vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) eingerichtete Dialogforum zu erhalten. Nach der Ankündigung des Gerichts soll die Hauptverhandlung im nächsten Jahr (2021) erfolgen. Wir hoffen bis dahin weiterhin auf die umfassende Unterstützung durch unsere Mitglieder. Insbesondere sind wir natürlich auch auf weitere Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen um die Klagen, welche wir stellvertretend für alle Mitglieder durchfechten, auch finanzieren zu können.

In der Hoffnung auf bessere Zeiten grüßen wir sie sehr herzlich.

Arnold Harmsen, 1. Vorsitzender
Peter Heinzel, 2. Vorsitzender