Bau der S4 – Bahn erschleicht Genehmigung mit falschen Zahlen

Presseerklärung

Gegen das Vorhaben der S4 (Ost) bestehen massive Einwände, die sowohl die infrastrukturelle Auswirkung als auch das Kosten/Nutzen-Verhältnis des gesamten Vorhabens betreffen. Das Vorhaben wird absehbar mit Kosten von deutlich über 2 Mrd. Euro geplant. Der Bund ist bereit einen Kostenanteil von über 85% zu übernehmen.

Die infrastrukturelle Problematik betrifft die beabsichtigte Aufgabe des Güterzuggleises zwischen der Horner Kurve und dem Güterbahnhof Wandsbek (gemäß Planfeststellungsbeschluss). Durch diese Maßnahme wird die Kapazität der gesamten Fernbahnstrecke 1120 von Hamburg nach Lübeck, in Abhängigkeit von der Nutzung, um bis zu 50% verringert. Außerdem wird durch die Kapazitätsverringerung eine Verlagerung des Regionalverkehrs auf separate, neu zu bauende Gleise erzwungen. Bei einem Erhalt des Güterzuggleises bestünde keine Notwendigkeit, im Naturschutzgebiet Stellmoorer Tunneltal zusätzliche Gleise zu errichten.

Bei der Planeinreichung im Jahr 2016 wusste die Bahn bereits, dass der zukünftige Güterverkehr nicht auf 120 Züge täglich ansteigen würde, sondern auf maximal 56 Züge. Gemäß Großbauvorhaben Knoten Hamburg, nach dem die Genehmigung erfolgte, sind es sogar nur noch 52 Züge, eine überschaubare Steigerung gegenüber den derzeit rund 40 Güterzügen. Der geplante S-Bahnbetrieb könnte daher auf den vorhandenen Gleisen erfolgen.

Bei der Lärmberechnung wurde eine Gleichverteilung der 120 geplanten Güterzüge über den Tag angesetzt, obwohl schon derzeit, bei nur 40 Güterzügen, 68% der Züge in der Nacht verkehren. Die berechtigten diesbezüglichen Einwendungen bei der Planerörterung im Jahr 2018 wurden von Bahn und Eisenbahnbundesamt und die daraus resultierenden höheren nächtlichen Lärmbelastungen ignoriert.

Die geplanten neuen Haltestellen Claudiusstraße und Bovestraße sollen laut Aussage der Bahn 15.400 Fahrgäste generieren, statt der heute 1.300 Fahrgäste der Haltestelle Wandsbek. Eine grandiose Steigerung um den Faktor 11,9. Leider wurden bei dieser Berechnung die erreichbaren Anwohner (bei einer Fußwegentfernung von 720m) mit den tatsächlichen Fahrgästen verwechselt. Bei den 8.000 Busfahrgästen, die zukünftig diese Haltestellen nutzen sollen, handelt es sich um die Busfahrgäste, die auf den betroffenen Strecken am Wandsbeker Markt aus- bzw. einsteigen. Wie viele von diesen Fahrgästen überhaupt auf eine S4, die im 10/20-Minutentakt fährt, umsteigen, ist völlig ungewiss. Ein Umsteigen wäre aber ebenso an der bestehenden Haltestelle Wandsbek möglich.

Bei einem in Wandsbek zu erwartenden Einwohneranteil von 21%, der den ÖPNV nutzt, ergeben sich höchstens 625 zusätzliche Fahrgäste durch den beabsichtigten Neubau zweier Haltestellen und den Rückbau der bestehenden Haltestelle. Dafür (nach der Kostenschätzung von 2013) 10 Mio. Euro auszugeben erscheint völlig indiskutabel. Die Kosten hierfür werden, für beide Haltestellen vermutlich 50 Mio. Euro erreichen bzw. überschreiten (bei einer Vollkostenrechnung einschließlich Bau einer Hilfsbrücke, einer Ersatzbrücke, Straßenneubau der Bovestraße und An den Bahngärten, einer „weißen Wanne“ in der wegen Grundwasser tiefer zu legenden Bovestraße). Es werden somit Kosten von 80.000 Euro für jeden zusätzlichen Fahrgast generiert!

Die in der Presse immer wieder genannten 250.000 Einwohner, die zusätzlich an den ÖPNV angeschlossen werden sollen, erweisen sich als teurer Spuk.

Hamburg, 3.6.2021
Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal